Endstand
5:0
3:0, 2:0
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Thomas Darazs: "Dann sitze ich mit 75 auf Teneriffa"

Der Interimscoach hat dem LASK neues Leben eingehaucht. Dass er den Job über den Sommer hinaus ausübt, bezweifelt er. Der Weg sei vorgegeben.

Thomas Darazs: Foto: © GEPA

Der LASK strahlte am Sonntag mit der Sonne um die Wette.

Nach einem schwierigen Start ins Frühjahr und der Trennung von Thomas Sageder läuft es für die Athletiker seit der Übernahme von Thomas Darazs fast wie geschmiert. Unter dem 47-Jährigen kehrte der Spaß am Spiel wieder zurück, die Spieler blühen regelrecht auf. Das stellten sie nicht zuletzt beim 5:0 gegen den SK Rapid zur Schau.

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Nach 30 torlosen Minuten erzielten die Stahlstädter gleich drei Tore binnen sieben Minuten, brachen damit den Widerstand der Hütteldorfer. Nach der Pause legte Adil Taoui das 4:0 nach, Marin Ljubicic besiegelte den höchsten Bundesliga-Sieg über Rapid seit 1998.

"Ich habe ab der 75. Minute begonnen zu genießen", sagte Darazs mit einem breiten Lächeln auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Er hätte es als Spieler selbst oft erlebt, eine hohe Führung inne zu haben "und auf einmal bringt ein Gegentor eine Änderung der Dynamik."

"Wir erlauben uns, das zu genießen"

Doch dazu kam es nicht. "Die Spieler haben das heute richtig souverän runtergespielt. Fast mehr als das Resultat hat mir die Art und Weise gefallen. Dieses 'Wie' hat mir eine große Freude gemacht." Als Belohnung erhielt die Mannschaft einen trainingsfreien Tag, erst Dienstagmittag trifft man wieder zusammen.

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Bis dahin will Darazs den deutlichen Sieg voll auskosten. "Wir haben genug stressige Tage und genug Tage, an denen du verlierst und von allen Seiten eine am Ziguri kriegst. Somit erlauben wir uns, das zu genießen."

Dass sich der LASK im Aufwind befindet, liege allein an den Spielern. "Wir haben vier, fünf Mal trainiert. Wie die Spieler das machen, da haben wir gar keinen großen Impact. Sie zeigen jetzt einfach, was in ihnen steckt", freute sich der Interimscoach. "Sie dürfen jetzt auch genießen, dass sie gute Fußballer sind."

Cheftrainer Darazs? Alleine die Überlegung wäre "eine Ehre"

Unweigerlich stellt sich natürlich die Frage, ob der LASK nicht gut beraten wäre, mit Darazs als offiziellem Cheftrainer in die nächste Saison zu gehen.

Drei der bisherigen vier Spiele unter dem 46-Jährigen wurden gewonnen, Platz drei in der Meistergruppe und damit die Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation scheinen abgesichert. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung auf Hartberg, deren acht sind es auf Rapid und Klagenfurt.

Und die zuletzt gezeigten Leistungen sind auch ein Verdienst des Trainerteams, das der Mannschaft eine deutliche Struktur, gleichzeitig aber auch gewisse Freiheiten im Spiel nach vorne gegeben hat. "Es ist ein anderes System, wir haben wieder mehr Spieler im Zentrum und spielen wieder mehr Fußball", sagte etwa Sascha Horvath.

"Ich hoffe, dass es gelingt, einen richtig guten Trainer zu finden. Einen Trainer, wo ich als Akademieleiter auch noch lernen kann."

Thomas Darazs

Sollten CEO Siegmund Gruber und Sport-Geschäftsführer Radovan Vujanovic überlegen, dass Darazs eine langfristige Lösung sein könnte, wäre das "gewissermaßen eine Ehre für mich", sagte der ehemalige Austria-Kicker. Aber: Er befinde sich in einem sehr guten Austausch mit der Vereinsspitze, der Weg sei klar vorgezeichnet.

"Ich hoffe, dass es gelingt, einen richtig guten Trainer zu finden. Einen Trainer, wo ich als Akademieleiter auch noch lernen kann. Im Idealfall kommt ein sehr erfahrener Trainer, das wäre eine Win-win-Situation in alle Richtungen", erklärte der 46-Jährige, der mit dem Weg "eigentlich sehr zufrieden und sehr glücklich" ist.

"Ich wäre gerne etwas gewesen, das ich nicht war"

Juckt ihn der Cheftrainer-Job gar nicht?

"Mir rennt er nicht davon", meinte Darazs. "Ich bin 46 und versuche meinen Spielern vorzuleben, dass das einzige, was sie machen können, ist besser und die beste Version von sich selbst zu werden."

Daran sei er selbst als Spieler gescheitert. "Ich wäre gerne etwas gewesen, das ich nicht war", so der Wiener. Nach seinem 30er hätte er den Turn geschafft, "ist mein Denken in eine andere Richtung gegangen. Vielleicht passiert das automatisch, weil du älter wirst und anfängst, sehr viel zu lesen und dich mit vielen Dingen zu beschäftigen."

Mit 31 absolvierte Darazs den A-Lizenz-Kurs, spielte zu diesem Zeitpunkt noch in der Regionalliga Ost für den SV Schwechat. "Du kommst aus der A-Lizenz raus und glaubst, du weißt alles über Fußball. Mit meinem Wissen von heute: Ich habe gar nichts gewusst."

Selbst heute würde er lediglich wissen, wo sich der Mittelkreis befinde, formulierte es der Interimstrainer überspitzt. "Jedes Kästchen, das du aufmachst, öffnet dir wieder zwei Kästchen." Ständig zu lernen, treibe ihn an. "Unser Sport ist so interessant, so vielfältig, so spannend", sagte er.

Wann er eine gute Flasche Rotwein öffnen will

In seiner Rolle als Akademieleiter, die Darazs indes nicht aus den Augen verliert, wolle er das Denken über den heutigen Fußball etwas umkehren.

"Wenn ich einen ganz kleinen Beitrag dazu leisten darf, dass das Denken eine Spur anders wird, dann sitze ich mit 75 auf Teneriffa, mache mir einen guten Rotwein oder ein Bier auf und bin extrem glücklich."

Thomas Darazs

Er erzählte: "Wenn ich irgendwo in Wien und Umgebung auf ein U11-Match gehe und die Trainer schreien rein: 'Jagen, Jagen, Jagen!' Dann ist das für mich eine extreme Themenverfehlung. Das tut mir im Herzen weh."

Niemand hätte mit dem Sport angefangen, "um den Ball zu jagen. Wir haben angefangen, um Fußball zu spielen, das Spiel zu genießen", betonte der Wiener und führte aus:

"Wenn ich einen ganz kleinen Beitrag dazu leisten darf, dass das Denken eine Spur anders wird, dann sitze ich mit 75 auf Teneriffa, mache mir einen guten Rotwein oder ein Bier auf und bin extrem glücklich."


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